Internationale Währungsverständigung.
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Geldwesens führt mit der Zeit notwendigerweise zum Bruch der internationalen
Währung, d. h. zu Schwankungen im Wechselkurs. Dabei Hilst einem der
billige Trost, daß die Schuld beim Nachbar liegt, nicht im geringsten über
die Schwierigkeiten der Lage hinweg. Was Hilst es z. B. in Deutschland,
daß man z. B. behanptete, nicht das Gold wäre dem Silber gegenüber im
Preise gestiegen, sondern umgekehrt, das Gold wäre fest geblieben und das
Silber wäre gefallen? Diesen Trost hätten die mit Indien arbeitenden
Kaufleute gerne für 10 pfg. verkauft.
Eine nationale Goldwährung gibt es aber nicht, sie ist unmöglich?)
Wer ihr nachstrebt, läuft einem Hirngespinnst nach. Die Goldwährung läßt
eine nationale Behandlung nur in dem eng begrenzten Rahmen zu, den wir
mit unseren Vorschlägen gezeichnet haben, und auch da noch müßte mit
großer Vorsicht vorgegangen werden.
Die Hauptschwierigkeiten werden dem internationalen Währungsbureau
aus der Verwendung des Goldes zu Industriczwccken und durch den Zins als
Voraussetzung des Geldumlaufes entstehen. Und diese Schwierigkeiten werden
mit der Zeit um so größer werden, je wirksamer der Warenaustausch gegen
Krisen geschützt wird.
Es lohnt sich, der Sache näher zu treten.
Die Verwendung des Goldes zu Industrkezwecken wächst nicht nur,
wenn der Preis des Goldes billig wird (Hausse), sondern ganz besonders
auch dann, wenn der allgemeine Wohlstand wächst. Die Goldware ist ein
Luxusartikel, und Luxus treibt man, wenn man satt ist. Werden nun durch
die vorgeschlagenen Reformen die Preise festgehalten und Wirtschaftskrisen
unmöglich gemacht, wird die Arbeit nicht jeden Augenblick unterbrochen, so
hebt sich der allgemeine Wohlstand schnell und ununterbrochen. Damit aber
wächst die Nachfrage nach goldenem Flitter. Und es würde genügen, wenn
jeder Fabrikarbeiter, jeder Bauer seiner Liebsten eine goldene Kette, ein
goldenes Armband kaufte, um sämtliche Münzen aufzubrauchen. 2n Deutschland
z. B. wären das 20 Millionen Uhrketten und Uhrgehäuse zu 100 Gramm
gleich 2 Millionen Kilo Feingold —oder 5580 Millionen Mark —mehr also
als der gesamte Goldmünzenbestand.
Der Wohlstand frißt die Münze,- das Verschwinden der Münze erzeugt die Baisse, und
die Baisse frißt den Wohlstand. Die goldene Münze braucht also Bettelei, um zu existieren,- durch
die Baisse und die sie begleitende Wirtschaftskrise hebt sich die goldene Münze immer selbst aus
dem Bereich der Massen. Volkswohlstand und Goldwährung schließen sich also gegenseitig und
notwendigerweise aus.
Nun kann man den Augenblick noch so weit hinausschieben, wo die
Masse des Volkes in der Lage sein wird, goldenes Gerät zu kaufen,- aber
wenn es gelingt, die Krisen zu beseitigen, so müssen wir mit diesem industriellen
Konsum der Münzen rechnen. Denn cs unterliegt wohl keinem Zweifel, daß
die Krisen eine der Hauptursachcn der heutigen bettelhasten Armut der
Volksmassen sind.
i) Helfferich der Gründer des Vereins zum Schuhe der „deutschen" Goldwährung, grün
dete einen Verein zum Schüße eines Unsinnes. Und diesem Verein gehörten Mommsen und
Virchow an!