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liche Initiative beim Wirtschaften uneingeschränkt zur Geltung
bringen kann, besitzt darum verhältnismäßig die größte Bewegungs
freiheit; er wird im Handelsgesetzbuch nur zur Sorgfalt des
„ordentlichen" Kaufmanns angehalten, wobei die geordnete Ver
rechnung, die Buchführung nicht einmal für ihn zwingendst ist.
In allen Wirtschaftsformen, namentlich in denen, wo das
Prinzip der beschränkten Haftung oder die Ausschaltung des
Einflusses auf die Wirtschaftsführung seitens des Unternehmers
durchgebildet ist, ziehen sich die Maschen des Netzes von gesetz
lichen Sicherheitsvorschriften eng zusammen.
Dies zeigen uns die volkswirtschaftlich bedeutsamsten Schöpf
ungen des modernen Wirtschaftslebens: die Aktiengesellschaften
und die Genossenschaften. Wie schon angedeutet, hat in diesen
Assoziationsformen der einzelne Beteiligte als solcher keinen An
teil — oder doch nur in geringem Maße — an der Wirtschafts
führung, auch tritt hierbei die Gefahr auf, die der Grundsatz der
beschränkten Haftung der Aktionäre und Genossenschaften für die
Gläubiger, der unbeschränkten Haftung der Genossenschafter für
diese in sich birgt. Schutz benötigt also der Beteiligte für das
in die Unternehmung hineingesteckte Kapital, dann aber jeder
andere, der mit der Unternehmung in wirtschaftlichen Verkehr
treten will; dem trägt das Gesetz Rechnung, indem es das Ent
stehen wie das Funktionieren dieser Gesellschaftsformen unter
dem Gesichtspunkte möglichster Offenkundigkeit, weiterhin der un
parteiischen Kontrolle ordnet.
Dieser Grundsatz findet feinen Ausdruck vornehmlich in dem
Erfordernis der öffentlichen Rechnungslegung und in der Schaffung
von verantwortlichen Vertretungsorganen der Kapitalbeteiligten
jAufsichtsrat usw.), die die gesamte Geschäftsgebarung kontrollieren.
Wo diese Organe Mängel aufweisen, und diese sind in der
Hauptsache in der Unkenntnis der rechnungslegenden Wirtschafts
führung — es soll das kein Vorwurf sein — begründet, dort
st HGB. Z 38 Abs. 1: „Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen
und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den
Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen". Richtet er keine
Buchführung ein, so kann er von Gesetzes wegen hierzu nicht gezwungen werden.
Die Unterlassung ordentlicher Buchführung hat aber in zwei Beziehungen Bedeutung.
Einmal wird wegen betrüglichen Bankerutts mit Zuchthaus bestraft der Kridar
(§§ 239, 240 KO), der in der Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen,
Handelsbücher vernichtet, verheimlicht oder so geführt oder verändert hat, daß sie
keine Übersicht des Vermögenszustandes gewähren, wegen einfachen Bankerutts mit
Gefängnis bestraft der Kridar, der ohne jede Absicht Handelsbücher zu führen
Unterlässen hat, deren Führung ihm gesetzlich oblag, oder dieselben verheimlicht,
vernichtet oder so unordentlich geführt hat, daß sie keine Übersicht des Vermögens-
zustandes gewähren. Sodann aber wird tatsächlich die Beweiskraft unordentlich
geführter Bücher geschwächt oder vernichtet sein.