Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

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VIII. Kapitel. 
Werbers, in welcher er behauptet, daß er sich zu besonderem günstigen 
Verhalten gegenüber jedem der Adressaten verpflichtet habe, welcher 
das Anbot annimmt. Wird durch solche Versprechung eine Sollen- 
Anwartschaft des Versprechunggebers begründet, so liegt eine „kon- 
junktiv durch mehrere Versprechungadressaten ergänz- 
bare Sollen-Anwartschaft“ vor. Nimmt einer der mehreren Adres- 
saten das Anbot an, so ergänzt er jene Sollen-Anwartschaft zu einem 
Sollen, ohne daß die Ergänzbarkeit der Sollen-Anwartschaft durch die 
anderen Adressaten aufgehoben wird. Jede „disjunktiv an mehrere 
Adressaten gerichtete Verhalten-Werbung“ ist also auf einen besonderen 
Verhalten-Seelenaugenblick in einmaliger Gegebenheit, jede „kon- 
kunktiv an mehrere Adressaten gerichtete Verhalten-Werbung“ hin- 
gegen auf einen besonderen Verhalten-Seelenaugenblick in mehrmaliger 
egebenheit gerichtet. 
Von besonderer Bedeutung sind aber die „konjunktiv an mehrere 
Adressaten gerichteten Ansprüche‘‘, insbesondere solche Gebote, wie 
z. B. die sogenannten „Staatsgesetze‘‘ zeigen. Eine immer wieder er- 
örterte Frage, nämlich jene nach der „Geltung der Staatsgesetze‘, 
hat nur deshalb den Schein der Unlösbarkeit angenommen, weil man 
nicht das Gegebene „konjunktiv an mehrere Adressaten gerichteter 
Anspruch“ klar erkannt hat. Da man nämlich einerseits nur „geltende“ 
Staatsgesetze (als sogenanntes „positives Recht‘) untersuchen wollte, 
andererseits aber die Tatsache nicht leugnen konnte, daß Staatsgesetze 
nicht in allen Fällen befolgt werden, geriet man in große Verlegenheit, 
zu sagen, was denn eigentlich „Geltung“ der Staatsgesetze sei und kam 
schließlich zu der Behauptung, daß Staatsgesetze ‚„gelten‘‘, insoferne 
sie „,gewöhnlich‘‘, „meistens“, „durchschnittlich‘‘ befolgt werden. Mit 
solcher Behauptung war freilich zugegeben, daß man das Gegebene 
„Geltung der Staatsgesetze‘‘ oder — wie man auf Grund der üblichen 
Verwechslung von „Staat“ und „‚Recht‘“ sagt — das Gegebene 
„Geltung der Rechtsgesetze‘“ nicht bestimmen könne, da die 
Worte „gewöhnlich‘‘, ‚meistens‘, „durchschnittlich‘‘ in diesem Zu- 
sammenhange keinen eindeutig bestimmbaren Sinn haben. Macht man 
sich aber klar, was das Gegebene „Geltung“ überhaupt ist, so erkennt 
man unschwer, daß in der Behauptung, daß jene Staatsgesetze „gelten“, 
die „gewöhnlich“ befolgt werden, eigentlich die widersinnige Behaup- 
tung steckt, daß die Staatsgesetze, welche in vielen Fällen 
gelten, auch in jenen wenigen Fällen gelten, in welchen 
sie nicht gelten. Fassen wir nun aber die ‚Gesetze‘ eines modernen 
„Staates‘‘ — wir verwenden das Wort „Staat“ in diesem Zusammen- 
hange noch ohne nähere Bestimmung — ins Auge, so finden wir, daß 
jene Gesetze zwar nicht wesentlich, aber doch meist „konjunktiv 
an mehrere Adressatenund auf mehrmaliges (wiederholtes)
	        
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