Die kommunale Vermögensbesteuerung in Hessen. 9
sicher Abgaben besonders in Anspruch nimmt, aber ihrer Natur nach
den Mangel haben mußtet daß sie das ertragslose Kapitalvermögen
überhaupt nicht traf."
Nach Vollendung der Staatssteuerreformgesetzgebung mußte man
sich in Hessen, was die Gemeindeumlagen anbetraf, mit einem Provi
sorium behelfen. Dies geschah durch das Gesetz vom 30. März 1001,
ursprünglich für drei Jahre gedacht, dann aber zweimal auf je ein
Jahr erneuert. Voraussichtlich tritt die jetzt vorgeschlagene Reform,
wenn alles in den beiden Kammern glatt geht, was wahrscheinlich
ist, übers Jahr, also mit dem 1. April 1906, in Kraft. Bei der Be
ratung des vorausgegangenen Jnterimislikuins, infolgedessen die bis
herigen Realsteuern unter gewissen Normativbestimmungen den Kom-
mnnen überwiesen wurden, zeigte sich nur eine erhebliche Meinungs
verschiedenheit zwischen der Staatsregierung und den Kammern. Die
Regierung gab aber nach. Sie hatte sich nämlich ursprünglich ganz
entschieden gegen die Beibehaltung der Kapitalreutenbesteuerung für
die Gemeinden gewehrt. In der ministeriellen Denkschrift zu dem
genannten Gesetz von 1901 hieß es: „Was aber der Kapitalrentner
beim Bezug und beim Verbrauch seiner Kapitalrente von der Ge
meinde an Leistungen öffentlich-rechtlicher Natur empfängt, dafür ge
währt er ihr volle Gegenleistung und Entschädigung durch die Ent
richtung des auf seine Einkommensteuer entfallenden Gemeindesteuer
zuschlags, und die besondere Heranziehung seiner Kapitalrente zur
Gemeindebesteuerung würde jenem Grundsätze direkt widersprechen."
Die Staatsregierung hat freilich erst dann ihren Widerstand auf
gegeben, als sie einsah, daß sonst das dringend notwendige Provi
sorium unliebsam verschleppt werden würde. Sie ließ aber durch
den Staatsniinister Rothe erklären, vaß nur der provisorische Cha
rakter der Regelung ihre Nachgiebigkeit erleichtere. Jedenfalls sei
ihr die obligatorische Beibehaltung der Kapitalrentensteuer lieber als
eine fakultative, ein Kompromißvorschlag, der aus dem Schoße der
zweiten Kammer stammte. So ungefähr war der Sinn der mini
steriellen Kundgebung. Bemerkenswert ist, daß der Berichterstatter
des Ausschusses der zweiten Kammer, der Abgeordnete Di-. Gut
fleisch , der übrigens auch jetzt zum Referenten ausersehen ist, am