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die von dem Schöpfer der Kaiserlichen Erlasse gewollte Sonntags
ruhe aufgehoben), Kriegerfest, Sängerfest, Gauturnfest, Bundes
schießen, Geflügelausstellung, Aufführnngen von Barnum undBailey.
Der Kaufmannsstand soll diese Feste mitfeiern, indem er — allein
von anderen Ständen — arbeitet!
Wenn so die Wirkung der an sich schon unvollkommenen
Bestimmungen des Gesetzes über die Sonntagsruhe durch die
Ausnahmen des § 105 b Absatz 2 durchkreuzt wird, so wird sie
vollends durch die Ausnahmen des § 105 e gelähmt.
Für uns kann kein Zweifel bestehen, daß dieser Paragraph
der Gewerbeordnung überhaupt nicht auf die Verhältnisse des
Handels, sondern auf die Industrie berechnet war.
Zwar sprechen die Motive (Drucks, d. Rchstgs. Nr. 4, 1890
bis 1892, Seite 14) auch vom Handelsbetriebe. Aber die Motive
sind keine bindende gesetzgeberische Norm, sie sind nur Erkenntnis
mittel. Die Motive können irren, im Widerspruch stehen mit
dem Gesetz. Dann gilt der im Gesetz ausgedrückte Gesetzeszweck,
nicht der Inhalt der Motive.
Aus dem Satz 2 des § 105 e Absatz 1
„Die Regelung dieser Ausnahmen hat unter Berück
sichtigung der Bestimmungen des § 105 c Absatz 3 zu
erfolgen"
in Verbindung mit § 105 c Absatz 3
„Bei den unter Ziffer 3 und 4 bezeichneten Arbeiten,
sofern dieselben länger als 3 Stunden dauern, oder die
Arbeiter am Besuche des Gottesdienstes hindern, sind die
Gewerbetreibenden verpflichtet, jeden Arbeiter entweder an
jedem 3. Sonntage volle 36 Stunden oder an jedem
2. Sonntage mindestens in der Zeit von 6 Uhr morgens
bis 6 Uhr abends von der Arbeit frei zu lassen"
geht hervor, daß der Paragraph hauptsächlich auf die Verhältnisse
der Industrie berechnet ist. Denn der Sprachgebrauch der Gewerbe
ordnung entscheidet scharf zwischen Arbeitern auf der einen Seite
und Gehilfen und Lehrlingen auf der anderen Seite.
Trotzdem ist die Bestimmung vollwertig mit § 105 b auf