Jod
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Jodgrün
vom Meeresboden losgerissenen Tange und Al
gen werden an den Westküsten von Irland und
Schottland, Frankreich (Normandie), Spanien und
Japan getrocknet und in Gruben verbrannt,
wobei man eine sehr salzhaltige geschmolzene
Asche in Klumpen erhält, die in Frankreich
Varek, in Spanien Barilla und in England
Kelp heißt und besonders bei Verwendung von
Laminarien, weniger von Fucusarten ziemlich
reich an Jod ist. 24—30000 kg trockener
Tange liefern etwa Jtooo kg Asche mit 5—10 0/0
Jod. Neuerdings zieht man es zur Vermeidung
von Jodverlusten vor, die Seepflanzen nicht ein
zuäschern, sondern nur zu verkohlen. Die Asche
bzw. der verkohlte Rückstand wird mit Wasser
ausgezogen und die gewonnene Lauge, die außer
Soda noch Schwefelsäure und unterschweflig
saure Salze sowie Chlor-, Brom-, Jod- und
Schwefelverbindungen des Kaliums und Natriums
enthält, durch wiederholtes Eindampfen und
Erkaltenlassen l von den schwerlöslichen Salzen
befreit, während die leichtlöslichen Brom- und
Jodverbindungen in der Mutterlauge verbleiben.
Nach der Neutralisation mit Schwefelsäure läßt
man die Sulfate auskristallisieren und destilliert
die schließlich erhaltene jodnatriumhaltige Lauge
in eisernen, halbkugelfönmigen Kesseln mit Braun
stein und Schwefelsäure. Die sich entwickeln
den Joddämpfe gelangen in eine Reihe mitein
ander verbundener Glasgefäße, in denen sich das
J. in kleinen Kristallen ansetzt. Das auf diese
Art erhaltene Rohjod wird englisches Jod ge
nannt. In den französischen Fabriken bewirkt
man die Abscheidung des Rohjods aus der
Mutterlauge durch vorsichtiges Einleiten von
Chlorgas, wobei das Chlor die Jod Verbindungen
in Chlornatrium überführt, während das J. als
schwarzer pulveriger Niederschlag ausfällt. Bei
Verarbeitung der Mutterlaugen des Chilesalpeters
reduziert man das in ihm enthaltene jodsaure
Natrium mit schwefliger Säure oder mit Natrium
sulfat zu Jodnatrium, wandelt letzteres durch
Behandlung mit Kupfer und Eisenvitriol in
Kupferjodür um upd destilliert nach Zusatz von
Braunstein und Schwefelsäure das freie J. ab.
Das nach der einen oder anderen Methode dar
gestellte Rohjod ist zwar Handelsware, aber noch
nicht zu medizinischen Zwecken verwendbar,
sondern wird durch Trocknen und Sublimation
in eine reinere, das sog. resublimierte J. über
geführt. Chemisch rein erhält man das J., wenn
man das resublimierte J. mit dem zehnten Teil
seines Gewichts Jodkalium zerreibt, um etwa
anhängendes Brom und Chlor zu binden, und
nun sehr vörsichtig sublimiert. Die gewonnenen
Kristalle werden zur Entfernung der letzten
Spuren von Wasser und Jodwasserstoff über Ätz
kalk aufbewahrt. Das Rohjod stellt ein dunkles,
feucht aussehendes, grob kristallinisches Pulver
dar. Das resublimierte, wie das chemisch reine
7- ist ein trockener, blätterig kristallinischer Kör
per, sebwarzgrau und von metallischem Glanze.
-Es hat ein spez. Gew. von 4,950, verflüchtigt
sich schon bei gewöhnlicher Temperatur und
entwickelt dabei einen starken, die Schleimhäute
geizenden Geruch, der dem des Chlors etwas
ähnelt. Der Geschmack ist scharf und herb. Auf
den Organismus wirkt das J., eingenommen oder
e 'ngeatmet, giftig. Es schmilzt bei 115 0 C und
kommt bei 180° C ins Sieden. Die Dämpfe
haben eine prachtvoll violettblaue Färbung
und legen sich an kälteren Körpern wieder zu
Kristallen an. Organische Substanzen, wie Haut
und Papier, werden von J. braungelb, Stärke
lösungen und -körner blau gefärbt. J. löst sich
in annähernd 5000 Teilen Wasser mit bräunlich
gelber, in 10 Teilen Weingeist mit brauner Farbe.
Die Jodtinktur des D. A. B. ist eine Lösung von
einem Teil J. in zehn Teilen 90 °/o igem Weingeist.
In Äther und verschiedenen Salzlösungen ist das J.
mit brauner, in Chloroform und Schwefelkohlen
stoff mit violetter Farbe löslich. Eine Lösung
von Jodkalium nimmt eine beträchtliche Menge
von J. auf, und zwar um so mehr, je größer
der Jodkaliumgehalt der Lösung ist. Beim Zu
sammenhängen von J. mit Ammoniak ist größte
Vorsicht geboten, da unter Umständen Bildung
des explosiven Jodstickstoffs erfolgt. In seinem
chemischen Verhalten zeigt J. die größte Ähn
lichkeit mit Chlor und Brom. Die Verbindungen
mit Metallen werden als Jodüre oder Jodide
bezeichnet, je nach der Menge des darin ge
bundenen J. Das resublimierte J. des D. A. B.
soll sich beim Erhitzen ohne Rückstand ver
flüchtigen, in zehn Teilen 90% igem Weingeist
vollständig lösen, kein Zyanjod oder Chlorjod
und nicht mehr als i°/o Feuchtigkeit enthalten.
Das J. gelangt in den Handel entweder als eng
lisches J. (Jodum anglicum) oder als resublimier-
tes J. (Jodum resublimatum). Aus Südamerika
wird es auch als Jodkupfer nach Europa ein
geführt. Die Gesamtausfuhr aus Südamerika
beläuft sich auf etwa 500000 kg jährlich. Dazu
kommen noch rund 100000 kg japanisches Jod
aus Seepflanzen, von dem Vs ausgeführt wird.
Die Einfuhr nach Europa beträgt ungefähr
300 dz. Die Preise 1 des J. sind sehr bedeuten
den Schwankungen unterworfen und werden von
Zeit zu Zeit durch die Rohjodkonvention fest
gesetzt, bisweilen auch zur Lahmlegung von
„Outsiders“, besonders japanischer, stark ernie
drigt. Die Preisberechnung erfolgt bei uns nach
Kilogramm, in England dagegen, selbst im Groß
handel, nach der Unze, bei dem amerikanischen
Jod nach spanischen Pfunden bzw. Zentnern. — Die
hauptsächlichste Verwendung finden J. und seine
Verbindungen in der Pharmazie, Photographie
und Teerfarbenherstellung. In der Photographie
benutzt man verschiedene Jodpräparate zur Er
zeugung von lichtempfindlichem Jodsilber (neben
Bromsilber) auf photographischen Papieren und
Glasplatten. Medizinisch wird es als Tinktur
oder Salbe äußerlich gegen Kropf, Hautübel,
Frostballen, zur Zerteilung von Geschwüren usw.
angewandt. Auch das bekannte Kropfmittel, ge
brannter Badeschwamm, wirkt nur durch seinen
Jodgehalt. Von den Jodverbindungen werden
besonders Kaliumjodid (s. d.) und Jodoform (s. d.)
medizinisch verwandt. Die in chemischen Labo
ratorien hergestellten zahllosen organischen Jod
verbindungen haben nur wissenschaftliches In
teresse. Die Aufbewahrung des J, geschieht in
Flaschen mit eingeriebenem Glasstöpsel, und
zürar an einem kühlen Orte.
Jodgrün (Nachtgrün, Metternichsgrün,
Vert lumiöre) wird durch Erhitzung von Chlor
methyl oder Jodmethyl mit essigsaurem Rosanilin
und Methylalkohol im Autoklaven auf ioo° er