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Marx den Gebrauchswert in der Form des Zinses, den der Kapital
besitzer für das Ausleihen nimmt, bei der menschlichen Arbeit läßt
er ihn außer acht und erhält so die Ausbeutungsrate des Arbeits
gebers, den Mehrwert 1 ). Wenn wir nun auch gern zugeben wollen,
daß Marx mit seiner Behauptung, die menschliche Arbeit produziere
mehr Güter, als sie zu ihrer Erhaltung nötig habe, recht hat, so
können wir doch den oben entwickelten Widerspruch, mit dem sein
ganzes System zusammenbrechen muß, nicht ruhig hinnehmen. Dem
Kapitalisten, der die Kraft des Arbeiters kauft, kommt es doch nicht
darauf an, daß soundsoviel Arbeit nötig war, um ihn in den Stand
zu setzen, einen Tag zu arbeiten, sondern der Gebrauchswert ist ihm
das wesentliche. Wenn Marx sagt, der Arbeiter bringe seine Arbeits
kraft genau so wie jede andere Ware auf den Markt, so ist dies, und
auch nur in gewissem Sinne, bloß für den Arbeiter zutreffend.
Er gibt allerdings seine Kraft für einen Tag hin, um dafür seinen
Lohn einzutauschen, der Kapitalist aber will die gekaufte Arbeitskraft
gar nicht mehr gegen etwas anderes vertauschen, sondern er will sie
ausnutzen, will sie gebrauchen, für ihn ist sie also keine Ware. Wenn
der Arbeiter einen Tag gearbeitet hat, so ist seine Kraft verzehrt, genau
so wie man eine Frucht oder ein Stück Brot verzehrt. Der Kapitalist
wird sie also nicht nach ihrem Tauschwert, sondern nach ihrem Ge
brauchswert einschätzen.
So ist die Mehrwerttheorie des Karl Marx, die die Grundlage
seiner Produktionstheorie bildet, theoretisch und praktisch unhaltbar.
IX. Kapitel.
Die Gegenwart (Brentano).
Die Sozialisten sind die letzten, die sich auf unserem Gebiete in
größerem Umfange schöpferisch betätigt haben. Die Theoretiker der
Gegenwart haben sich im großen ganzen damit begnügt, die in unserer
Arbeit näher auseinandergesetzten Systeme einer Kritik zu unterziehen
und sich dann als Anhänger dieser oder jener Anschauung zu be
kennen. Durchaus vorherrschend ist die Drei-Produktionsfaktoren-
*) Vgl. hierzu Wenckstem, a. a. 0., S. 10, 11.