Full text: Taxämter oder private Schätzungen?

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Werte kann nach der Bebauung ein durchaus verschiedener Wert 
sich ergeben. Das eine Grundstück kann von einem „Baukünstler" 
das andere von einem „Stümper" bebaut sein. Ersterer hat in über 
legener Weise jedem Eckchen die besten Seiten abgewonnen, letzterer 
hat im Dunklen getappt. Das alles erfaßt der praktisch erfahrene 
Sachverständige viel umfassender und eingehender, sein Buge ist 
aus derartige Dinge eingestellt, er kennt den Geschmack der Mieter 
für gewisse Zimmeranordnungen, Zimmergrößen, und Zimmerein 
richtungen und kann so jeder Einzelheit ihre wirkliche Bedeutung 
abgewinnen. 
Offenbar aus diese Tatsachen ist es zurückzuführen, daß bei 
den Hypothekenbanken die Praktiker in hohem Ansehen stehen. 
So heißt es z. B. im § 3 der einer großen Hypothekenbank 
dienenden Allgemeinen Bestimmungen über die Wertermittelung fol 
gendermaßen : 
„Als Sachverständige gelten: für städtische Grundstücke Bau 
meister, Maurermeister, Zimmermeister, Architek 
ten, Gerichtsschössen, gerichtliche Sachverständige." 
Anderseits ist allerdings auch zu berücksichtigen, daß die Einzel 
person gewissen von außen kommenden Einflüssen erliegen kann, 
hier zeigt sich ein Vorteil der Taxämter. Sie sind diesen Einflüssen 
mehr entrückt, da es praktisch wohl nur selten möglich ist, alle Mit 
glieder des Taxamts unbedingt nach einer bestimmten Richtung ab 
zudrängen. Die Beeinflussung des Linzeltaxators ist besonders dort 
naheliegend, wo der Auftraggeber der Taxe an dem Ausfall der 
selben nach einer bestimmten Richtung interessiert ist. Dann liegt 
es im Bereich der Möglichkeit, daß unrichtige Taxen zu Stande 
kommen — und zwar in der Regel zu hohe Taxen. So erklärte 
ein Redner auf dem dreizehnten ordentlichen Landesverbandstage 
des preußischen Landesverbandes der Haus- und Grundbesitzerver 
eine (Mitteilungen 58. heft) daß ein Taxator, der gerichtlicher 
Sachverständiger war, ein Grundstück zuerst auf 100 000 Mk.. 
6 Wochen später aus 180 000 Mk. geschätzt habe; beide Taxen habe 
er gesehen; sie seien zu verschiedenen Zwecken gebraucht worden. 
Die Frage ist nun: Wie oft kommen denn derartige Beein 
flussungen vor? Nur dann nämlich, wenn sie in umfangreichem Maße 
konstatiert werden könnten, dürfte man aus ihrer Möglichkeit grund 
legende Schlüsse ableiten. Gelegentliche Beeinflussungen darf man 
aber der Gesamtheit nicht zur Last legen. Denn dann müßte 
schließlich auch die gesamte Menschheit ins Zuchthaus gesperrt 
werden, weil ein gewisser Prozentsatz derselben verbrecherisch tätig 
wird. Wie wir aber nun noch sehen werden, wird offenbar das Maß 
in welchem solche Beeinflussungen vorkommen, durchweg weit, weit 
übertrieben. Eine durch Sachkunde nicht getrübte, bestimmte Zwecke 
verfolgende Agitation besorgt das ihre, um aus einer Mücke 
einen Elefanten zu machen. 
Daneben kommt in Betracht, daß diese Beeinflussungen aber 
auch sonst, insbesondere auch bei Taxämtern, möglich sind, wenn
	        
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