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ratung überwiesen. 8 Zusätze zur WO., die sogenannten „Nürnberger
Novellen", wurden den einzelnen Bundesstaaten zur Annahme empfohlen.
Durch Gesetz vom 5. Juni 1869 wurde dieAllgemeineDeutsche
Wechselordnung nebst Nürnberger Novellen Norddeutsches Bun
desgesetz und ain 10. April 1871 Reichsgesetz. Mit Inkrafttreten des
BGB. und des HGB. hat das deutsche Wechselrecht einige Änderungen
erfahren. Am 30. Mai 1908 erfolgte das Gesetz, betreffend die Erleich
terung des Wechselprotestes, dem dann am 3. Juni 1908 die Bekanntmachung
des Textes in der vom 1. Oktober 1908 an geltenden Fassung folgte.
Wesentliche Neuerungen bedingt das Haager Abkommen, dem
kurz vor Kriegsausbruch Deutschland und 26 andere Länder beigetreten
sind. Auf Grund dieser Einheitlichen Wechselordnung sollte
dem Deutschen Reichstage eine neue Wechselordnung vorgelegt werden. —
Im Juni 1927 beschäftigte sich der Internationale Handelskammer-
Kongreß mit Schaffung eines W e l t w echs e l r e ch t s.
c) Wirtschaftliche Funktionen des Wechsels.
Während der Wechsel ursprünglich Tausch mittel gewesen war, wurde
er bei Aufkommen des Übertragungsvermerkes, der G i r o — abgeleitet
von yvQo? (Kreis), der Wechsel macht einen Kreislauf — oder In
dossament — d. i. das in dosso (auf der Rückseite des Wechsels)
Geschriebene — genannt wurde, ein Z a h l u n g s -, ein Ersatzmittel für
Geld. Als solches spielt er heute noch im internationalen Verkehr (De
visenhandel) eine große Rolle.
Die Hauptbedeutung des Wechsels liegt jetzt aber in seiner Eigen
schaft als K r e d i t i n st r u m e n t. Der Kaufmann verkauft lieber
„gegen Dreimonatsakzept" als gegen „offenes Ziel 3 Monate"; der Zah
lungstermin wird dadurch genau festgelegt und die Schuld dem strengeren
Wechselrecht unterstellt. Der Wechsel ist dem Kaufmann das brauch-
barste Werkzeug geworden, den Kredit, den er genießt, zu verwerten. Der
Nehmer des Wechsels weiß, daß er ihn schon vor dem Verfalltage, voraus
gesetzt, daß die Personen oder Firmen, die ihre Unterschriften darauf
gesetzt haben, als kreditwürdig erachtet werden, durch Diskontie
rung bei seiner Bankverbindung in Geld verwandeln kann Z.
U Siehe auch mein „Bankgeschäft", Band 1. Verkehrstechnik und Betriebs-
einrichtnngcn. 8. Ausl. Stuttgart 1924.