Full text: Die Kontrolle der Rechnungslegung (in der Privatwirtschaft)

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Der Schutz besteht in gesetzgeberischen Maßnahmen, die die 
ordnungsmäßige Wirtschaftsführung in den einzelnen Wirtschaften 
und den Verkehr zwischen denselben regeln und verbürgen sollen. 
Zu den wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen dieser Art ge 
hören die über die Buchführung^ und die in engem Zusammen 
hang damit stehende Inventarisierung^) und Bilanzierung/) weil 
dieselben in den meisten Fällen für die Beurteilung des Unter 
nehmens als einzige Unterlage dienen. 
Ich habe vorn gezeigt, welche Gefahr eine Bilanz infolge 
ihrer Modulationsfähigkeit für den Unkundigen bringen kann, als 
derselbe niemals ohne nähere Untersuchung wissen kann, unter 
welchen Gesichtspunkten die Wertansätze in der Bilanz gebildet 
wurden. 
Der Gesetzgeber trägt diesem Umstand, und zwar nach Mög 
lichkeit Rechnung, indem er der Höherbewertung steuert, der Unter 
bewertung aber und damit den stillen Reserven, weil sie nicht 
zum Schaden der Beteiligten ausschlagen können, keine Grenze 
setzt. <Für die Besteuerung freilich kommt der Standpunkt des 
Gesetzgebers nicht in Betracht; die Steuerbehörde konstruiert für 
ihre Berechnungen den ihr wahrscheinlichen reellen Wert.) 
Diese Bestimmungen über Buchführung und Bilanz werden 
in dem Grade verschärft/) als das Band, das Unternehmung und 
Unternehmer verknüpft, lockerer wird. Der Einzelwirtschaftende, 
der mit seinem ganzen Vermögen haftet und seine ganze persön- 
4 ) Zur Buchführung sind gesetzlich verpflichtet alle Vollkansleute im Sinne 
des Handelsgesetzbuches jHGB. §§ 88ff.). Sonderbestimmungen bestehen, abgesehen 
von verschiedenen Spezialfällen, für 
a) die offene Handelsgesellschaft jHGB. §§ 118,120—122), 
b) die Kommanditgesellschaft lHGB. §8 166, 167), 
e) die Aktiengesellschaft jHGB. §§ 239, 260—265), wozu noch die Vor 
schriften über Gewinnverteilung und Liquidation treten jHGB. §§ 237, 
245, 240, 294, 295, 262, 302). 
2 ) Unter „Inventarisieren" verstehen wir das Aufstellen eines Verzeichnisses 
(Inventar) beim Entstehen eines Geschäftes oder am Schluffe einer Rechnungsperiode 
(Geschäftsjahr), das die einzelnen Vermögensbestandteile (Aktiva und Passiva) mit 
ihrem Werte am Zeitpunkte der Ausstellung nachweist. 
°> Unter Bilanzieren jabgeleitet vom italienischen „bilancia“ — Krämer 
wage) verstehen wir das Zusammenfassen der Ergebnisse der Wirtschaftstätigkeit 
in der Reget für ein Jahr. Die in dem Inventar festgelegten Vermögenswerte 
werden gegenübergestellt und gegeneinander abgewogen. Je nachdem die Aktiven 
die Passiven überragen oder umgekehrt, haben wir es mit Vermögen oder Unter- 
bilanz, im Vergleich zum Vorjahr mit Gewinn oder Verlust zu tun. 
4 ) Hierher zählen die Registerpflicht, öffentliche Rechnungslegung, Einsetzen 
von besonderen Kontrollorganen u. a. Trotz der Veröffentlichungspflicht bestanden 
für das Berichtsjahr 1910/11 des Kaiserl. Statist. Amtes 242 Aktiengesellschaften, 
„die ihre Bilanzen überhaupt nicht veröffentlichen oder in einer derartigen Form 
und Anordnung, daß sie auch nach Rückfrage bei der Gesellschaft statistisch nicht 
verwertet werden konnten". Wo bleibt da der Registerrichter?
	        
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