Vorwort.
Seit dem Erscheinen der ersten Auflage dieser Veröffentlichung, Ende Dezember 1914,
sind so zahlreiche neue Gesetze, Verordnungen und sonstige Verfügungen der kriegführenden Mächte
ergangen, welche das wirtschaftliche Kampfrecht') betreffen, daß die Ausgabe einer neuen Auf
lage einem dringenden Bedürfnisse der kaufmännischen und juristischen Kreise entgegenkommen dürfte.
Die Abgrenzung des Stoffgebietes der vorliegenden zweiten Auflage entspricht dem
der ersten Auflage. Die Sammlung enthält die Zahlungs-, Handels- und Erfüllungsverbote, die
Vorschriften über die staatliche Aufsicht, Zwangsverwaltung und Liquidation feindlicher Unterneh
mungen und Vermögen sowie sonstige Maßnahmen, die sich auf die Aufhebung, Änderung und
Übertragung von Rechten beziehen, weiters die Vorschriften auf den: Gebiete des Patent-, Marken-
und Musterrechtes, zollrechtliche Verfügungen und die seerechtlichen Maßnahmen (Konterbandelisten,
Behandlung der feindlichen Handelsschiffe bei Kriegsausbruch, Blockadeerklärungen, Prisenrecht und
Prisenverfahren). Als leitender Gedanke für die Aufnahme in diese Sammlung galt die tunlichste
Beschränkung auf das eigentliche Kampfrecht, also auf jene rechtlichen Maßnahmen, welche sich
gegen die Volkswirtschaft und das Privatvermögen des Feindes richten.
Nicht aufgenommen wurden daher die Vorschriften über die Moratorien"), welche
in einer fortlaufenden Sammlung der Handelskanimer zu Berlin zusammengestellt sind, ebenso
nicht die Aus- und Durchfuhrverbote. Allerdings dienen diese letzteren nicht nur als Schutz
der nationalen Wirtschaft, sondern sie müssen, wenigstens zum Teile, als wirtschaftliche Kampfmaß
nahmen gelten, die häufig in empfindlicher Weise auch neutrale Staaten in Mitleidenschaft ziehen.
Die Aus- und Durchfuhrverbote sind, wie die Konterbandelisten, Recht in: formellen Sinne; sie
sind einem verhältnismäßig häufigen Wechsel upd, .Ausnahmen unterworfen, im engsten Zusammen
hange mit politischen Abmachungen, Kompensationen und Konzessionen. Die in diesem Kriege ans
das höchste entwickelte Politik der Bannware hat in den Niederlanden zur Bildung einer eigenen
Organisation „Nederlandsche Overzee Trustmaatschappij" (N. O. T.) im Haag geführt; eine ähn
liche Organisation trachtet Großbritannien auch in der Schweiz zu schaffen. Listen der Aus- und
Durchfuhrverbote werden fortlaufend von dem Z o l l b u r e a u der Kammer veröffentlicht.
') Der treffende Ausdruck „Kamp fr echt" wurde der Broschüre des Wiener Universitätsprofessors
Dr. Leo S t r i s o w e r, Die vcrmögensrechtlichcn Maßregeln gegen .Österreicher in den feindlichen Staaten, ihre
internalionalrechtliche Wirkung und Zurückweisung, Wien 1915 (S. 11), entlehnt. Im zweiten Abschnitt dieser
Studie ist die Beziehung des Kampfrechtes zu dem im Vorworte der ersten Auflage erwähnten Artikel 23 b des
Reglements zur IV. Haager Konvention (1907) einer Prüfung unterzogen.
*) Die Moratorien enthalten übrigens zum Teile auch Bestimmungen zu ungunsten feindlicher Aus
länder, wie z. B. die Ausnahme des deutschen Auslandsmoratoriums für die Schweiz, Teutsches Rcichsgcsetz-
blatt Nr. 82 vom 25. Juni 1915. welches ausdrücklich, entsprechend dem Personalprinzipe, Angehörige Groß
britanniens und Irlands, Frankreichs, Rußlands und Finnlands sowie der Kolonien und auswärtigen Be
sitzungen dieser Staaten von der Begünstigung ausnimmt.