Full text: Die Berliner Arbeiterbewegung von 1890 bis 1905

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Forderungen 
der 
Berliner Krankenkassen an die Charite. 
A. Betreffs der Baulichkeiten: 
1. Außerdienststellling der hygienisch unbrauchbaren Krankenräumr. 
2. Beschaffung genügender Räumlichkeiten durch Reuerrichtung von Pavil- 
lons und Baracken. 
3. Einrichtung von Nebenräumlichkeitrn in allen Kranken-Abtheilungen 
für Wasch, und Bade- Einrichtung. KlosetS. intermistische Leichen- 
Aufbewahrung re. 
4. Verbesserung der Ventilation?- und Heiz. Vorrichtungen ,n einer der 
Neuzeit entsprechenden Weise. 
6. Freundliche Ausstattung der Krankensäle und Schaffung von Räumlich' 
keilen für die nichtbeitlägerigen Kranken. 
3. Betreffs der Kranken-Behandlung: 
1. Unterstellung der Verwaltung und des gesaininten Wärterpersonals unter 
die Oberleitung der Aerzte. 
2. Rekrutiruiig des ärztlichen Assistenten- und Unter-Assistenten-Personals 
durch wissenschaftlichen Wettbewerb. Zn diesem Wettbewerb sind auch 
Militärärzte zuzulassen. 
3. Anstellung eines ausreichenden und durchgebildeten Wärter-Personals. 
4. Freundliche und liebevolle Behandlung der Patienten von der Aufnahme 
bis zur Entlasfuntz; Fortfall der militärischen Disziplin und des 
Kasernentones. 
з. Beschaffung besserer, das heißt genügender, schmackhafter und abwechse 
lungsreicher Kost. 
v. Schnelle Ausführung der ärztlichen Verordnungen in bezug auf Arzneien. 
Extradiät rc. 
1. Völlige Freiheit der Kranken in bezug auf Verwendung-» Untezrichts- 
und Demonstrationszivecke». 
6. Völlige Freihcrt der Kranken in der Wahl ihrer Lektüre, Fortfall dex 
religiösen und politischen Beeinflussung. 
и. Rechtzeitige Benachrichtigung vom Ableben eines Kranken an An- 
verwandte und Kassenvorstände. 
IO- Unbeschränkter Zutritt zu -den Krankenhaus-Räumen für Kassen-Vor- 
stände und die Arbeiter-Kontrollkommission. 
0 Sprzial-Forderungen für die Neue Charite: 
1. Wegfall aller gefängnisiartigen Einrichtungen und Maßregeln. Wegfall 
aller Disziplinarstrafen, Gleichstellung der Geschlechtskranken mit allen 
anderen Kranken in bezug auf Einpfang von Besnch"n, Ansgehrzeit, 
Korrespondenz rc. 
2. Schonung des Schamgefühls der Patienten und Behandlung derselben 
lediglich als-Kranker und nicht als Zuhälter. 
3. Absonderung der polizeilich eingelieferten Verbrecher, -Zuhälter und 
Prostituirten von den übrigen Kranken. * 
4. Ausführung der Operationen unter allen Kautelen ,nvder»er Operation?- 
technik und damit Benutzung der der Wissenschaft zu Gebote stehenden 
schmerzstillenden Mittel. 
Me Kommission der Krankm-Kasse» 
für den Noykott der Lharit«. 
185. Forderungen der Berliner 
Krankenkassen an die Charite 
körpern und Amtsstuben für 
eine wirksame Volkshygiene 
kämpften. 
Das aber hat sie eine 
ganze Reihe von Jahren 
mit Eifer und, wie wir 
gesehen haben, nicht erfolg 
los getan. Es lag in der 
Natur der Sache, daß eine 
solche freiwillige, im Hin 
blick auf ganz bestimmte 
Vorkommnisse ins Leben 
getretene Körperschaft den 
Anlaß ihrer Geburt nicht 
ewig überleben konnte. 
Kind der freien Ini 
tiative und auf freiwillige 
Beiträge angewiesen, hat 
die Arbeiter-Sanitätskom 
mission mit sehr bescheide 
nen Geldmitteln gewirt- 
schaftet. Nur im ersten 
Jahre flössen die Einnahmen 
reichlich. Sie bestanden zum 
größten Teil aus einmaligen 
Geschenken von einzelnen 
und Arbeitervereinen, Ge 
werkschaften, Krankenkassen 
und geselligen Vereinen. 
Der größte Teil derArbeiten 
aber ward unentgeltlich ge 
leistet. So konnte die Kom 
mission am Schlüsse des 
ersten Jahres, trotzdem sie 
in diesem die Wohnungs 
erhebung in der Sorauerstraße vorgenommen und die Denkschrift dar 
über herausgegeben hatte, von einer Gesamteinnahme von 1006 Mk. 
noch 350 Mk. vortragen. In der Liste der Kontrolleure und freiwilligen 
Hilfsarbeiter finden wir neben gewerblichen Arbeitern auch eine nennens- 
werte Anzahl von Kaufleuten und Angehörigen der akademischen Berufe, 
unter den Ärzten, die für sie tätig waren, fehlt kaum einer der damals 
oder später in der politischen Bewegung hervorgetretenen Mediziner. 
So gehörten auch die zu früh verstorbenen Genossen Dr. Kurt Freuden 
berg und Dr. Schönweiler ihrem Aerztekollegium an. 
In dem Maße als die Choleragefahr abnahm, erlahmte das Interesse an 
der Kommission. Bis zum Jahre 1896 erscheinen ihre Berichte im „Vorwärts" 
ziemlich regelmäßig, dann werden sie seltener, und schließlich tauchen sie nur 
von Zeit zu Zeit noch auf. Eine formelle Auflösung der Kommission ist 
nicht erfolgt, ihr letzter Bericht erschien im „Vorwärts" vom 15. März 1903.
	        
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