Siebzehntes Kapitel.
Die Wahlen zum preußischen Abgeordnetenhaus
^^Vur einmal hat in unserem Zeitabschnitt Berlins Sozialdemokratie sich
an den Wahlen zum preußischen Abgeordnetenhaus beteiligt. Auf
den Parteitagen von 1897 und 1898 gehörte die große Mehrheit
der Delegierten Groß-Berlins in Übereinstimmung mit ihren Mandatgebern
zu den entschiedensten Gegnern der Aufhebung des Beschlusses von 1893, der
für diese Wahlen strenge Enthaltung vorschrieb. Nachdem aber im Jahre 1900
der Mainzer Parteitag den Parteigenossen in Preußen es zur Pflicht
gemacht hatte, dort, wo die Beteiligung überhaupt möglich sei, sie auch aus
zuüben, kamen die Sozialdemokraten Groß-Berlins diesem Beschluß, so
sehr sie ihn bekämpft hatten, mit musterhafter Disziplin nach.
Die Landtagswahlkreise Berlins decken sich nicht mit seinen Reichstags
wahlkreisen. Es sind in der Stadt ihrer vier, von denen bis zur sogenannten
Reform von 1906 der erste drei, die anderen drei je zwei Abgeordnete zu
erwählen hatten. Der Landtagswahlkreis Teltow-Beeskow-Charlottenburg
fiel mit dem gleichnamigen Rcichstagswahlkreis so ziemlich zusammen und
wählte zwei Abgeordnete; der Reichstagswahlkreis Niederbarnim bildete
und bildet noch mit dem Reichstagswahlkreis Oberbarnim zusammen einen
Landtagswahlkreis, der drei Abgeordnete zu wählen hat. Bei den Wahlen
von 1898 hatten die vier Landtagswahlkreise Berlins freisinnige, die beiden
anderen Wahlkreise konservative Abgeordnete gewählt.
Nach dem Mainzer Parteitagsbeschluß hatte für Preußen der Partei
vorstand der deutschen Sozialdemokratie das Zentralwahlkomitee zu bilden.
Eine von diesem einberufene Landeskonferenz, die am 26. April 1903 in Berlin
tagte, legte in einer Resolution eine Reihe von Bestimmungen über die bei der
Wahl zu beobachtende Taktik nieder und forderte die Genossen auf, überall
mit der Feststellung zu beginnen, an welchen Orten und in welchen Arwahl
bezirken sozialdemokratische Wahlmannskandidaten aufgestellt werden könnten.
Auch wurde das Zentralwahlkomitee beauftragt, für rechtzeitige Herausgabe
einer billig gedruckten Zusammenstellung der Wahlvorschriften zu sorgen.
Diesem Auftrag ward durch Veröffentlichung einer von Leo Arons
verfaßten Broschüre: „Die preußischen Landtagswahlen, die gesetzlichen Be
stimmungen nebst Erklärungen" entsprochen. Außerdem aber ward unter
dem Titel „Der preußische Landtag, Handbuch für sozialdemokratische
Landtagswähler", ein von Paul Hirsch, unter Mitwirkung von Partei
genossen, verfaßtes Handbuch herausgegeben, das in übersichtlicher, reichlich
belegter Darstellung das Verfassungswesen Preußens, die Natur- und