Full text: Sozialismus und Regierung

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als es zur Pflichterfüllung nötig ist. Deshalb sollte der Staat nie das 
Vorhandensein eines Rechtes anerkennen — z. B. des Rechts, sich zu 
betrinken —, wenn er weiß, daß dieses „Recht“ seinem Träger die 
Erfüllung seiner Pflichten unmöglich macht. Noch sollte der Staat 
das Wahl-,.Recht“ gewähren, es sei denn, daß er dadurch seine eigenen 
Zwecke fördere. Ein Recht ist demnach der Menschheit nicht 
schlechthin, sondern nur unter Voraussetzungen eigen. Schrittweise 
erweitern sich also des Menschen Rechte, da er sich der Fülle der 
Freiheit, die ihm beschert ist, nur in dem Maße nähert, als er an 
Adel gewinnt. Dann bedarf er der Bevormundung nicht mehr, sein 
Inneres leitet ihn. Der Staat wird daher in jener entrückten Zukunft, 
wenn er zu jener Vollkommenheit gelangt ist, die ihn von der Welt 
bühne abruft, einer Art Nirwana zustreben. Bis dahin wird der 
Staat jedoch den Menschen als Vermittler des menschlichen Lebens 
zwischen Vergangenheit und Zukunft betrachten, indem er ihm die 
Aufgabe überweist, das Reich der Zukunft aus den liefen der Ver 
gangenheit zu heben. Er zeigt ihm seinen Pfad. 
Eine doppelte Reihe von Staatspflichten entwickelt sich hieraus: 
einen hohen Grad persönlicher Lebenshaltung zu schaffen und zu 
sichern, und die Schwachen zu schützen. Der ersten Reihe entstam 
men die Gesetze über Arbeiterschutz, Wohnungshygiene und ähnliches, 
aber sie enthält auch die Rechtfertigung dafür, daß sich der Staat mit 
den Erzeugnissen der Heimarbeit befassen muß und darauf zu achten 
hat, daß er als Arbeitgeber Standardlöhne bezahle usw. 1 . Dieser 
Grundsatz rechtfertigt auch eine besondere Fabrikgesetzgebung für 
die Frauen, obgleich sie noch aus anderen Gründen verteidigt werden 
muß. Es ist die Obliegenheit des Staates, die Gesellschaft zu erhalten, 
und da die Familie im Wesen der Gesellschaft liegt, so ist der Staat 
verbunden, die Zerrüttung der Familie zu verhüten. Könnte z. B. 
bewiesen werden, daß die übermäßige Kindersterblichkeit auf die 
Fabrikarbeit verheirateter Frauen zurückzuführen sei — die Beweise 
1 Theoretisch ist nichts dagegen einzuwenden, daß importierte Waren, die im 
Ausland unter Arbeitsbedingungen hergestellt worden sind, die wir bei uns ver- 
pönen, mit Zöllen belegt werden. Bedeutsam ist erst der praktische Einwand, 
daß ein solcher Zolltarif nicht auf die fraglichen Produkte beschränkt bleiben 
könnte und seine indirekten und ferneren üblen Wirkungen die guten überwiegen 
würden. Soll ein solcher Tarif seinen Zweck erfüllen, so müßte ihm daher eine 
internationale Vereinbarung vorangehen, die jeden Staat verpflichtete, alle Er 
zeugnisse zu kennzeichnen, die unter Arbeitsbedingungen fabriziert sind, welche 
hinter einer bestimmten Höhe Zurückbleiben.
	        
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