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zufällig entstehenden Lagerhäuser sich schließlich
zu einem für Kriegszwecke brauchbares System
werden ergänzen lassen. Später ist eine Remedur
schwer und nur mit großen Kosten möglich,
während bei Neugründungen Eingriffe relativ leicht
möglich sind.
Aber die Heeresverwaltung kann durch
Förderung der Genossenschaftslagerhäuser nicht
nur dafür Sorge tragen, daß das vorhandene
Getreide unmittelbar zu ihrer Verfügung steht,
sie kann dadurch geradezu zur Vermehrung
der Produktion beitragen, das heißt, die Schlag
kraft des Landes mächtig heben. Sind Lager
häuser vorhanden, so kann der Bauer unter weit
günstigeren Umständen als sonst verkaufen.
Freilich kommen bei der Schaffung eines
Lagerhaussystems auch rein militärische Punkte
in Frage. Nehmen wir z. B. Ostgalizien an. Wir
sehen, daß nur Westgalizien durch Krakau, Ja-
roslau, Przemysl, vollwertig gedeckt erscheint, die
weniger bedeutenden Befestigungen, welche weiter
nach Osten vorgeschoben sind, beschränken sich
aber im allgemeinen auf die Dnjesterlinie und auf
einige Punkte nördlich von Lemberg, Der äußer
ste Osten ist so gut wie unbefestigt. Es fragt
sich nun, ob es zweckmäßig ist, auch in jenen
Gebieten, die dem Gegner leichter zugänglich
sind, Magazine zu errichten und anzufüllen. Anderer
seits wieder würde die Entblößung bestimmter Ge
biete von Magazinen den Gegner über den Kriegs
plan unterrichten, sowie die Bevölkerung empfind
lich beunruhigen. Es hat z. B. 1912 und 1913 sehr
deprimierend gewirkt, daß manche Aemter und
Banken Wertgegenstände und Akten nach dem
Westen abtransportierten und es gibt manche, die
im Interesse des Prestiges dafür sind, solche Objekte
aufzuopfern. Es wäre denkbar, daß man auch dort,
wo ein Einfall des Gegners leichter möglich ist,
Magazine anlegt und füllt, um sie gegebenenfalls
in die Luft zu sprengen; es ist ein militärpoliti
sches Problem, ob man für das Prestige so große
Opfer bringen will. Ich habe auf diese sehr
verwickelten Fragen hingewiesen, um zu zeigen,
welche Momente bei den oben berührten Berech
nungen mit zu berücksichtigen sind, wenn sie
wirklich praktische Bedeutung erlangen sollen.
Das hier skizzierte Magazinssystem hat aber
nicht nur militärische, sondern vor allem auch
allgemeine Bedeutung. Es würde dazu beitragen,
die Preise der Lebensmittel stärker als dies heute
möglich ist zu regulieren. Dies wäre insbeson
dere dann der Fall, wenn, wie dies Graf Kanitz
im deutschen Reichstag verlangt hat, der Staat
den Getreideimport in die Hand nimmt. Es sei
übrigens ausdrücklich hervorgehoben, daß Graf
Kanitz in der Begründung seines Vorschlages
auch die militärische Wichtigkeit desselben her
vorhob.
Daß große Unternehmungen dieser Art
öffentlichen Charakter tragen, ist heute nichts
Seltenes. Wir sehen insbesondere die Gemeinden
immer häufiger, Gaswerke, Elektrizitätswerke usw.
aber auch Brauhäuser, Hotels übernehmen. In
Italien wird insbesondere auch die Broterzeugung
kommunalisiert. In Oesterreich-Ungarn weist nur
Welschtirol zahlreiche Gemeindebäckereien auf.
Es handelt sich dabei um ältere Rechte
welche sogar die Gewerbeordnung überdauert
haben. Die Gemeinden besitzen häufig das Back
monopol, gelegentlich auch das Fleischaus-
schrotungsmonopol. Diese Zentralisation des Back
betriebes wurde in jüngster Zeit dazu ausgenützt
in den Gegenden, welche besonders stark unter
der Pelagra leiden, durch Bereitung guten Brotes
die Bevölkerung hygienisch zu fördern. Es wurden
sogenannte Pelagrabäckereien geschaffen, welche
das alte Monopolrecht erwarben. Diese Bäckereien
— eine befindet sich z. B. in Riva — sind ganz
modern eingerichtet und besitzen elektrischen
Betrieb. Es ist eine wichtige Frage, wie weit im
Zukunftskriege die Zentralisation der Brotberei
tung eine Rolle spielen wird. Soweit diese großen
Bäckereien an wichtigen Aufmarschstraßen liegen,
können sie sicher gute Dienste leisten, zumal sie
ihre Leistungsfähigkeit steigern können. Aber im
großeu und ganzen scheint die Tendenz vorzu
herrschen im Operationsraum selbst zu backen
und die Bäckereien möglichst nahe an die Truppe
selbst heranzuschieben — erspart man doch so
unter anderem den Transport der im Brot ent
haltenen nicht unerheblichen Wassermassen. Die
Serben haben während des Balkankrieges in
Nisch große Bäckereien errichtet gehabt und
sollen mit dem Nachschub nicht gerade schlechte
Erfahrungen gemacht haben, solange es ihnen
überhaupt gelang, das Brot den Truppen, welche
im Gebirge manövrierten, zukommen zu lassen.
Die Neigung, das Backen möglichst nahe der
Front vorzunehmen, hat ja auch dazu geführt,
daß die Handbäckerei im militärischen Friedens
betriebe notwendigerweise eine so große Rolle
spielen muß, trotz seiner erheblichen Unappetit-
lichkeit und geringeren Leistungsfähigkeit.
Ebenso wie der Staat die Lagerhäuser für
den Kriegsfall durch Subventionierung fördern
kann, unterstützt er bereits in reger Weise auch
das Transportwesen. Bisher sind es vor allem
Lastenautomobile, die dabei in Betracht kommen.
Wir können uns aber sehr wohl denken, daß
diese Subventionierungspolitik viel größere Dimen
sionen annehmen und sich insbesondere auch
auf die landesüblichen Fuhrwerke er
strecken könnte, auf welche die moderne Armee
heute unter allen Umständen angewiesen ist. Es
wäre sehr viel erreicht, wenn für jedes der cha
rakteristischen Gebiete bestimmte Typen als mili
tärisch subventionierbar erklärt würden. Man
könnte dann, ohne den Gebräuchen der einzel
nen Teile Oesterreich-Ungarns zu nahe zu treten,
was einen erheblichen Widerstand der Landbe
völkerung hervorrufen würde, erreichen, daß we
nigstens die neu zu erbauenden Wagen inner
halb der landesüblichen Form bestimmte Bedin
gungen erfüllen könnten.