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seine Grenzen nicht mehr feststehen? Jedenfalls ist ei nach
dem heutigen Stande der Technik so gut wie ausgeschlossen,
daß ein Grubenfeld verliehen wird, das nicht vorhanden ist.
Die technisch bis ins kleinste ausgebildeten Bohrversuche der
großen Bohrgesellschaften haben überall, wo regale Mineralien
nach den geologischen Verhältnissen vermutet wurden, nicht allein
deren Vorhandensein, sondern auch die Grenzen und ihre Abbau
würdigkeit festgestellt. Nach der ausdrücklichen Vorschrift des
§ 15 ABG. ist ein Entstehen des Bergwerkseigentums auch nur
möglich, wenn vor der Verleihung nachgewiesen ist, daß
die gemuteten Mineralien in abbauwürdiger Menge Vorkommen.
Mit der hier vertretenen Ansicht, daß das Bergwerkseigentum
ein Eigentum am körperlichen immobilen Grubenfelde ist, lassen
sich auch am natürlichsten und ohne Fiktion sämtliche berg
rechtlichen Bestimmungen verstehen, sowie eintretende Kollisionen
erklären und ungezwungen entscheiden 1 ); diese Ansicht ist auch
dem Sprachgebrauch und dem natürlichen Empfinden des Berg
mannes am nächsten liegend.- Es muß auch, um mit Emge 2 ) zu
reden, „die Rechtswissenschaft gleich den anderen Wissenschaften
die Theorie für wertvoller, d. h. aber nach dem Sprachgebrauch
des täglichen Lebens für richtiger ansehen, welche einen ein
facheren Ausdruck, eine einfachere Beschreibung als eine andere
gewährt.“ Das Bergwerkseigentum als ein Eigentum an dem
immobilen Grubenfelde ist und bleibt demnach wegen seiner
Eigenart im Wesen, im Inhalt und in der Ausübung ein spezifisch
bergrechtliches Institut sui generis, das mit dem Grundeigentum
wohl verglichen, aber niemals identifiziert werden kann.
Ich definiere also folgendermaßen:
A. für die Urzeit:
Der jeweilige Herrscher — Herzog, König — als Inhaber
der Staatsgewalt und allen Privateigentums hatte auch das
Eigentum an dem Grubenfelde. Außerdem bestand ein Hoheits
recht des Herrschers zur Verleihung und zur Ueberwachung,
^Leitung und Besteuerung des Bergbaues. Die Verleihung geschah
in Form von pachtähnlichen Verträgen, soweit der Bergbau
nicht durch Untertanen oder Sklaven auf eigene Rechnung und
Gefahr betrieben werden konnte. Ausnahmen gab es gewöhnlich
nur bei minderwertigen Mineralien.
B. für die Regalzeit:
Mit der Entwickelung des privaten Grundeigentums blieb
') z. B. auch der bestrittene Fall, daß der Bergwerksbesitzer
nicht berechtigt ist, eine beim Bergbau aufgeschlossene natürliche
Tropfsteinhöhle durch Fremde gegen Entgelt besichtigen zu lassen
(R. G v. 27. 10. 91 in Z. f. Bergr., Bd. 33, S. 135). Eine solche
Höhle gehört eben zu dem das Grubenfeld zwar umschließenden,
aber rechtlich von ihm völlig getrennten Grund eigentum.
2 ) Emge im Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie, Jahrg.
1919, Bd. 12, Heft II, S. 153.