Object: error

9 
Wirtschaft und Reparationspolitik. 
Von Dr. J. W., Reichert, Hauptgeschäftsführer des Vereins deutscher Eisen- und 
Stahlindustrieller, M.d.R., Berlin. 
Schlagworte einfachster Art verschleierten dem deutschen Volk und 
der Welt lange Zeit die Verwickeltheit und Unlösbarkeit der zahllosen, 
aufs engste miteinander verknüpften Reparationsprobleme. „Durch 
Arbeit zur Freiheit” ist die Parole, die Dr. Wirth nach der 
Durchbringung des Londoner Zahlungsplans im Reichstag ausgegeben 
hat. „Es gibt keine absolute Unerfüllbarkeit!”, rief 
kurz danach der Wiederaufbauminister Dr. Rathenau aus und fügte 
hinzu: „Denn es kommt darauf an, wie tief man das Volk in Not 
geraten lassen darf,” 
Das böse Kriegserbe der Geringschätzung der Millionen und 
Milliarden hat also nicht nur draußen im Ausland, sondern auch im In- 
land, und zwar selbst in führenden Köpfen, nachgewirkt, Der Maß- 
stab für die Größenordnungen war nach den staunenswerten finanziellen 
Leistungen im Krieg verlorengegangen. Sonst hätten so kluge Männer 
wie Rathenau und Wirth nach dem Kriegselend die Reparationsleistung 
in Milliardenbeträgen schwerlich als eine Frage der „Not‘ oder der 
„Arbeit“ hinstellen können. 
Während zahlreiche Führer der deutschen Wirtschaft auf Befragen 
der Reichsregierung vor der Londoner Konferenz vom März 1921 fast 
einstimmig schon eine Milliarde jährliche Leistung als höchst fraglich und 
gefährlich hinstellten, schätzte damals Dr. Rathenau, dem offenbar die 
Verhältnisse der Großbetriebe vom Rang der A. E, G. vorschwebten, die 
deutsche Leistungsfähigkeit auf 2 bis 3 Milliarden jährlich. Dr. Wirth 
hatte erst recht keine Vorstellungen davon, wie hoch die Leistungs- 
fähigkeit gehalten oder gehoben werden könne. Das auffälligste ist 
schließlich, daß das Kabinett Wirth-Rathenau trotz der Betonung der 
Notwendigkeit der Arbeit eigentlich nichts getan hat, um durch Steige- 
rung der Wirtschaftsleistungen dem Volke sein Reparationsschicksal zu 
erleichtern, „Das deutsche Volk“, so sagte einmal Dr. Helfferich 
im Frühjahr 1922, „hat die Erfüllung mit dem Zusammenbruch seiner 
Valuta, mit einer furchtbaren Preisrevolution, mit der Zermalmung des
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.