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Staates einen neuen Anstoß zur Fortentwicklung gibt 1 ). Die
Statistik dagegen gibt dem Staate die allgemeine logische Basis
und den Akten der Staatsverwaltung die logische Begründung.
Die Entwicklung der Statistik ist natürlich stets der Entwick
lung des Staatsgedankens gefolgt. Im absoluten Staat, wo selbst
die Gesetzgebung und Rechtsprechung dem Herrscher unterlagen,
wo die Theorie uneingeschränkt herrschte, »jedes Gesetz gelte nur
soweit, als es den Machthabern vorteilhaft erscheine« 2 ), konnte an eine
wissenschaftliche Statistik noch gar nicht gedacht werden 3 ). Das gilt
auch für das Regime Ludwigs XIV. und Friedrichs des Großen. Es
ist ein fundamentaler Irrtum, der immer wieder auftaucht, zu be
haupten, der Staatsabsolutismus hätte sich der Statistik günstig
gegenübergestellt 4 ). Gewiß ist nicht zu leugnen, daß damals ein
zelne Herrscher Interesse an einer wohlgeordneten Statistik hatten,
doch nur in dem Sinne, den jeder Kaufmann entwickelt, wenn er
durch eine wohldurchdachte Kontrolle seinen Geschäftsbetrieb zu
seinen Zwecken überwacht, oder den jeder Tierzüchter hat, wenn
er seinen Tierpark sich vermehren sieht 5 ). Weder Ludwig XIV.
noch Friedrich der Große haben daher an einer wissenschaftlichen
Statistik auch nur das geringste Interesse gehabt, ebensowenig als
letzterem z. B. die Integrität der Justiz etwas galt 6 ). Erst die
Schaffung des konstitutionellen Staates bereitete auch der Statistik
etwas freiere Bahnen 7 ). Der Konstitutionalismus ist aber nicht
überall und ohne Rest durchgedrungen, je mehr Residuen des.
früheren Absolutismus noch im Staate sind, um so unfreier ist
auch die Stellung der Statistik. Die Nuancen lassen sich hier aus.
einer Vergleichung der verschiedenen Bundesstaaten im Deutschen
Reiche entnehmen, abgesehen natürlich von dem Moment der all
gemeinen Bevölkerungsgröße und finanziellen Leistungsfähigkeit.
Die Realisierung des Rechtsstaates in der Gegenwart besagt,,
der Staat soll gesetzmäßig verwaltet werden. Weshalb soll er
*) Vgl. Artikel Verwaltung, Verwaltungslehre, Polizei, Verwaltungsrecht, Wörter
buch des Deutschen Verwaltungsrechts von Stengel Bd II, S. 708. Freiburg 1890.
2 ) Vgl. v. Holtzendorff, »Die Prinzipien der Politik«. 2. Aufl. Berlin 1879,.
S. 117.
3 ) Gegenteiliger Ansicht: Mischler, »Handbuch der Verwaltungsstatistik«.
4 ) Nur im Sinne der Achenwallschen Auffassung der Statistik kann von einer
schöpferischen Tätigkeit des absoluten Staates und der merkantilistischen Periode in dieser
Beziehung gesprochen werden.
6 ) Äußerung Friedrichs des Großen.
*) Vgl. Mayer, Justiz und Verwaltung. Rektoratsrede. Straßburg 1902, S. 33..
7 ) Vgl. Fallati. Zeitschr. f. d. gesamte Staatswissenschaft. Bd. H. 1853.